Mittwoch, 26. Oktober 2011

Herbst der Entscheidungen

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Ich stelle fest, ich frage mich dies immer häufiger. Ja, je mehr ich mich mit dieser unserer Welt beschäftige, desto häufiger frage ich mich das.
Offenbar leben wir in einer Welt, in der unsere Politiker öffentlich skandalöse Formulierungen gebrauchen dürfen, ohne dass es noch auffällt - geschweige denn, dass es jemanden interessiert und empört.
Zum Bleistift, wenn Merkel ohne Scham ankündigt, die Mongolei auszubeuten, oder Westerwelle mal eben eine Zone mit Massenvernichtungswaffen einrichtet, um den Frieden im Nahen Osten zu sichern. (Über seinen Kampf mit der englischen Sprache wurde mehr in den Medien berichtet als über diesen peinlichen Auftritt vor der versammelten UNO.)

Wir leben auch in einer Welt, in der zunehmen das Leben die Kunst imitiert. So zum Beispiel, wenn Bundestagsabgeordnete ihre Sätze von namenhaften Kabarettisten leihen und mit öffentlichem Ernst deklarieren, was wir schon Wochen zuvor als Comedy im TV zu sehen bekamen. Und keinem fällt es auf oder wird stutzig dabei.
Es scheint ebenfalls keinem mehr aufzufallen, dass unsere Regierungspolitiker in einer Rede dieses erklären und 4 Wochen später in einer weiteren das völlige Gegenteil. Oder dass die Opposition vehement gegen die Riegierungspläne wettert, dann aber in den Abstimmungen ihnen treuherzig zustimmt.

Diese meine Worte sind nun nicht das Nachgeblabbel im Internt kundgetaner Meinungsäußerungen - ich habe diese Vorfälle tatsächlich allesamt live mit verfolgt (d.h. so live wie möglich - sprich via Fernsehen). Und als ich Zeugin dieser für mich bisdato undenkbaren Ereignisse wurde, fragte ich mich: Ja, haben wir sie eigentlich noch alle?

Wie kommt es, dass wir unser Land tatsächlich von Leuten regieren lassen, die uns allesamt nur noch anlügen, hinters Licht führen und das Gegenteil tun von dem, was sie sagen? Wie kommt es, dass wir diesen Menschen auch nur noch ein Fitzelchen von Macht überlassen? Wie kommt es, dass wir unser Schicksal nicht mehr selber in die Hand nehmen, sondern jenen Ziellosen überlassen, die uns für die erstbeste Million verraten und verkaufen?

Jener namenhafte Kabarettist, von dem ich auch meinen heutigen Titel entliehen habe, deutete darauf hin, dass es wohl daran läge, ob man sein Schicksal wählen darf oder tatsächlich eine Wahl hat. Offenbar sind wir es müde geworden zu wählen und zu entscheiden, weil man scheinbar nur noch zwischen dem einen und dem anderen Mist wählen kann.

Aber es gibt einen Ausweg: wir haben nämlich immer die Wahl, uns weder mit dem einen noch mit dem anderen Mist zufrieden geben zu müssen. Und das gilt für die Politik in unserem Land genauso wie für unser privates Leben. Liebe Leser, wenn mir das Leben Zitronen gibt, dann muss ich nicht zwangsläufig reinbeißen. Aber wir machen lieber eine saure Miene zum bösen Spiel als eine Veränderung zu wagen. Ist ja auch viel bequemer über andere zu meckern, als selber etwas zu tun.
Und darum habe ich mich diesen Herbst zumindestens dafür entschieden, nicht mehr einfach alles so mitzumachen und hinzunehmen: Ich habe eine Wahl! Und auch wenn ich nicht sicher sein kann, immer die richtige Entscheidung zu treffen, so hoffe ich doch, dass mir der Mut, mich zu entscheiden, nicht mehr abhanden kommt.
Und in dieser Hoffnung sage ich Euch, liebe Leser: bis morgen!
- oder so.

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