Sonntag, 4. Oktober 2009

Es ist Zeit

Es ist halb Acht Uhr abends. Die Sonne ist bereits unter gegangen, doch am Himmel leuchtet noch der bläuliche Schimmer, umrahmt vom beginnenden Schwarz der Nacht. Durch die lichter werdenden Baumkronen sieht man die schwarzen Wellen des Sees glänzen, beleuchtet vom fahlen gelben Schein der Straßenlaterne. Und auf dem Tisch brennen zwei Kerzen.

Liebe Leser, der Herbst ist da. Die - für mich - schönste Jahreszeit im Jahr. Wenn der Wind wieder losgelassen wird und die Straßen von gelben Blätter gesäumt sind. Es wird wieder kühler, man kuschelt sich zu Hause auf dem Sofa in Decken ein und genießt die Stille der Zwei- oder Einsamkeit.

Rilke schrieb mal ein wunderschönes Gedicht zum Herbst, das mir jedes Jahr wieder in den Sinn kommt.

"Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deine Schatten auf die Sonnenuhren und auf den Fluren lass die Winde los."

Welche Zeit könnte besser sein, um nicht nur im Landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch im persnlichen Leben seine Ernte einzufahren. Um Rückschau zu halten, auf das, was man im Jahr erreicht oder auch durchgemacht hat. Ein Resüme zu ziehen, um zu wissen, was man noch erwarten kann, was noch offen ist oder noch eine Weile braucht.

"Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben. Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und in den Alleen unruhig wandern, wenn die Blätter treiben."

Manche Menschen nehmen im Herbst Abschied vom Sommer, in dem sie noch mal richtig in Urlaub fahren, irgendwo hin, wo die Sonne noch scheint. Ich persönlich bereite mich im Herbst lieber schon mal vor auf das vor mir liegt. Ich decke meine Pläne, Träume und Hoffnungen mit Blättern zu, damit sie über den Winter reifen und wachsen können. Und vor allem genieße ich den Herbst, mit allen seinen Begeilterscheinungen - den guten und auch den bedrohlichen.

Ja, Herr, es ist Zeit - Zeit für den Herbst. Leider geht er für mich immer viel zu schnell vorbei. Doch auch in diesem Jahr habe ich die Hoffnung, dass es im nächsten Jahr wieder einen gibt.
Und in dieser Hoffnung sage ich Euch, liebe Leser: bis morgen!
- oder so.

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